Wie sieht die evangelische Kirche in Braunschweig im Jahr 2030 aus? Was brauchen die Menschen? Wie wird das kirchliche Leben gestaltet? Und welche Folgen hat der erwartete Rückgang an Mitgliedern? Mit diesen und vielen weiteren Fragen beschäftigt sich der Vorstand der Propsteisynode an diesem Wochenende während einer Klausurtagung zum Thema „Lebendige Kirche 2030“. Mit dabei ist Kai Florysiak. Für den Geschäftsführer der Metropolregion Braunschweig Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg GmbH und der Strukturförderung Braunschweig GmbH gehört die Auseinandersetzung mit Zukunftsfragen zum täglichen Geschäft und als Mitglied des Kirchenvorstands am Dom und anderer kirchlicher Gremien ist er mit diesen Themen bestens vertraut.
Seine grundlegende Einschätzung der derzeitigen Lage der evangelischen Kirche ist ernüchternd. „Der Glaube“, so seine Beobachtung, „wird von vielen nicht als relevant erlebt, unsere Kirche berührt den Alltag der meisten Menschen nicht.“ Und: „Die Kirche ist nicht am Puls der Menschen, obwohl an vielen Stellen hochengagiert gearbeitet wird.“ Daher müsse die Kirche dringend dafür sorgen, dass sie als glaubwürdig und als relevant erlebt wird, als bedeutsam für die Menschen. Hat sie dennoch in der Zukunft eine Chance? „Absolut“, sagt Florysiak überzeugt. Ihre Stärke sei der Glaube an das Evangelium, an die älteste Freiheitsbewegung der Welt. Das Evangelium habe eine unfassbare Kraft und eine unglaubliche Aktualität, die es verdiene, weiter verbreitet zu werden.
Um zukunftsfähig und attraktiv zu sein, müssten die Verantwortlichen alles auf den Prüfstand stellen – von den Gottesdiensten, die nur knapp fünf Prozent der Mitglieder besuchen, bis zum Berufsbild der Pfarrer und Pfarrerinnen. „Wir dürfen jedoch nicht nur in Planstellen und mathematischen Berechnungen denken“, fordert Florysiak. Für Braunschweig geht es seiner Einschätzung nach darum, welche Bedürfnisse die Menschen haben und wie die Kirche in der Stadt künftig organisiert werden könnte.
Dafür hat er viele Ideen: So könnte es anstelle einzelner Gemeindebüros ein zentrales Büro geben, das auch online stets erreichbar ist. Amtshandlungen wie Taufen, Trauungen und Beerdigungen ließen sich ebenfalls von einem zentralen Büro organisieren. Starre Strukturen zum Beispiel bei Gemeinden und Personal müssten überwunden werden. Die Möglichkeiten der sozialen Medien sollten verstärkt genutzt werden, um die Menschen zu begeistern und um Aufbruch zu erzeugen. Darüber hinaus sollten seiner Einschätzung nach auch andere Professionen vermehrt zum Einsatz kommen, etwa beim Gebäudemanagement oder beim Konfirmandenunterricht. Auch die Ordination von Laien müsse kommen, Seelsorge und Diakonie sollten gestärkt werden. Voraussetzung für das Gelingen sei eine positive Einstellung zu Veränderungen und Vertrauen, dass es besser werde. Florysiak: „Kirche muss immer da sein, wo die Menschen sind und aktiv auf sie zugehen – analog und digital. Das ist unsere wichtigste Aufgabe.“
Die Landeskirche Braunschweig hat einen sogenannten Zukunftsprozess gestartet, bei dem es um die Frage geht, wie das kirchliche Leben und Arbeiten angesichts der gesellschaftlichen Veränderungen neu gestaltet werden kann. Grundlage ist das Strategiepapier „Lebendige Kirche 2030“. Es enthält Denkanstöße zur künftigen Ausrichtung der kirchlichen Arbeit und ist Grundlage eines breiten Beteiligungsprozesses.