Der Jahreswechsel ist nun ein paar Tage her. Schlussstriche wurden gezogen, Pläne geschmiedet.
Oder auch nicht. Der Alltag hat uns wieder. Ich schlage für 2023 ein Motto vor, das auf den ersten Blick keines zu sein scheint. „Durch‘s Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.“ Du liebe Güte! Was für eine Wortwahl. Aber der Satz ist klüger, als er zunächst anmutet. Erkenntnis. Einsicht. Sich mal über was klar werden - wann erleben wir das? Es gibt viel guten Vorsatz, viel Ehrgeiz. Aber kaum echtes Hinsehen. Zu viele Termine. Aber kaum Muße, zu viel Appell. Zu viel „Nun mach doch mal!“ Aber wo bleibt „Wie geht es dir?“
Gesetz bringt Einsicht? Gebote, Prinzipien bewirken doch meist was anderes. Sie bewirken Verurteilen. Können Sie auch Verstehen bewirken? Erkenntnis? Es gibt zu viel selbstbewusste Besserwisserei und zu wenig heilsame Ratlosigkeit. Zu viel Mühen und Stress. Aber wir erleben viel zu wenige Abstürze. Wir können nicht loslassen. Da ist zu wenig Entspannung im Scheitern. Nörgeln und Meckern - mehr als genug! Wut über das Schlechte auch. Aber zu wenig gemeinsame Trauer über das, was wir einander schuldig bleiben. Es wird viel aufeinander geschimpft, aber nur wenig miteinander geheult. Es wird zu viel entschieden und zu wenig bereut. So gut nie sieht man die weiße Fahne. Viel empfindliche Selbstverteidigung, wenig Wagnis. Und nur verdammt selten mal eine echte Kapitulation. Wo bleiben Erkenntnis, Einsicht? Sich mal über was klar werden.
Das Gebot der Nächstenliebe sagt mir zuerst: Eigentlich müsste vieles ganz anders laufen. Begegnungen, Arbeitsabläufe. Ich müsste morgens schon ganz anders aufstehen, um in der Liebe zu leben. Rein und groß leuchtet das Gebot über all unserer Parteilichkeit, unseren kleinen Sympathien und Antipathien. Über unserer Müdigkeit und der gereizten Stimmung. Liebe deinen Nächsten wie dich selbst. Heute nehme ich mir etwas Zeit. Zum Nachdenken Eigentlich müsste vieles ganz anders laufen.
Und stimmt’s ? Durch „Gesetz“, Gebot kann Einsicht kommen, wenn ich auf Selbstrechtfertigung verzichte.