Braunschweiger Zeitung / Wort zum Sonntag Ausgabe 26. April 2025
19.521 Schritte
Der Mode-Experte und Fernsehmoderator Guido Maria Kretschmer hat ein schmales Büchlein geschrieben: „19.521 Schritte: Vom Glück unerwarteter Begegnungen“.
Kretschmer, der sonst modemutige Menschen medienwirksam berät, erzählt darin von einem ungewöhnlichen Spaziergang durch Berlin. An einem sonnigen Tag bricht er dazu spontan auf. Seine Idee dabei: Einfach mal woanders abbiegen, nicht immer dieselben Wege gehen und dabei vor allem viel Zeit haben.
So macht er sich auf den Weg und trifft unterschiedlichste Menschen, die ihn an ihren Geschichten teilhaben lassen. Da ist zum Beispiel Chanti, die bald nach Indien fliegt, um dort ihre große Internet-Liebe zu treffen, oder Petra, die mit Mitte fünfzig ihr ganzes Leben infrage stellt, weil sie eine Frau kennen und lieben gelernt hat. Jede dieser Geschichten gibt Guido Maria Kretschmer die Möglichkeit, sich auch an Erfahrungen und Erlebnisse aus seinem eigenen Leben zu erinnern. Denn: „Wir nehmen uns ja mit egal, wohin die Reise geht.“
Am Ende ist seine Tagesreise durch Berlin 19.521 Schritte lang.
Wer sich einmal quer durchs Büchlein liest, der merkt: Der Schlüssel zu den vielen, gelingenden Gesprächen an diesem Tag liegt in der offenen Art, mit welcher der Spaziergänger den ihm unbekannten Menschen begegnet.
„Alles wirkliche Leben ist Begegnung“, lese ich dazu beim Religions-philosophen Martin Buber. Und weiter: „Die verlängerten Linien der Beziehungen schneiden sich im ewigen Du.“ Das ist eine alte, schon biblische Einsicht: Wir Menschen sind durch Gott von Anfang an als Gegenüber geschaffen. Für Gott selbst, das ewige Du, und auch füreinander. Unsere Lebenswege gewinnen dort an Sinn und Tiefe, wo wir uns für andere interessieren, ihnen mit offenem Blick und weitem Herzen begegnen.
Gute Wege uns allen in dieses Wochenende hinein und Neugier darauf, wem wir begegnen könnten!