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19.09.2024 Kategorie: Propstei

Beispiel für interkulturelle Zusammenarbeit:

„Es gibt nicht die einzige Geschichte, die richtig ist“

Unterrichtseinheiten und Diskussionen zum Nahostkonflikt

Als der Terroranschlag der Hamas in Israel vor fast einem Jahr die Welt erschüttert hat, wollten der damalige Schülersprecher Atakan Koctürk und viele andere Jugendliche mehr über die Hintergründe des furchtbaren Attentats wissen. Der Nahostkonflikt sollte ihrer Meinung Thema im Unterricht sein. Klaus Burckhardt, Ruhestandspfarrer und vormals Oberkirchenrat bei der EKD, hat diesen Wunsch gern aufgegriffen und gemeinsam mit Koctürk und anderen das Projekt „Vorfahrt für Vielfalt: Fokus Israel – Palästina“ ins Leben gerufen. Die Gruppe hat Unterrichtseinheiten entworfen, Schulen besucht und Podiumsdiskussionen veranstaltet, mit dabei ein Christ, ein Jude und ein Moslem. „Das ist ein konkretes Beispiel für interkulturelle Zusammenarbeit“, sagt Burckhardt mit Verweis auf die im September deutschlandweit stattfindende Interkulturelle Woche.

Das Projekt „Vorfahrt für Vielfalt“ richtet sich mit seinen Unterrichtseinheiten an Schülerinnen und Schüler aller Schulformen ab Jahrgang neun in der ganzen Region. Mit entwickelt hat es der Lehrer Oliver Lempa, Seminarleiter Geschichte für die Referendarausbildung in Braunschweig. Lempa hat Israel selbst besucht, bringt fachliche Expertise mit und kennt sich mit Lehrplänen und der Arbeitsweise in Schulen aus. Damit kritische politische Themen im Unterricht thematisiert werden können, ist seiner Meinung nach vor allem eins wichtig: „Die Schule muss eine Haltung haben, Schulleitung und Kollegen müssen dahinterstehen.“

Wenn es um Bedürfnisse und Wünsche von Schülern geht, ist Atakan Koctürk gefragt. Der Moslem wiederum hat eine andere Sichtweise auf den Nahostkonflikt als Dimitri Tukuser, Vorstandsmitglied der Liberalen Jüdischen Gemeinde und ehemaliger Sozialarbeiter in Wolfsburg-Westhagen, sowie der Ruhestandspfarrer Burckhardt. „Es gibt nicht die einzige Geschichte, die richtig ist, sondern verschiedene Narrative“, sagt Burckhardt in Bezug auf den Nahostkonflikt, „diese Spannung wollen wir zur Sprache bringen und dabei den unterschiedlichen Emotionen und Argumenten der Schülerinnen und Schüler in einem geschützten Rahmen Raum geben.“ Ein weiteres wichtiges Thema des Projekts ist die Rolle der Medien und das Erkennen von Fake News.

In den Schulen kommt das Projekt mit seiner interreligiösen Perspektive gut an. Nach Einschätzung von Dimitri Tukuser könnte das Interesse allerdings noch größer sein und Atakan Koctürk wünscht sich, dass mehr Hauptschulen teilnehmen: „Schließlich gibt es kein anderes Projekt dieser Art in der Region.“

Mittlerweile hat die Initiative, die unter anderem von der Propstei Braunschweig gefördert wird, die Materialien überarbeitet, auch ein Projekttag wurde konzipiert. Schulen, die an den Unterrichtseinheiten oder einer Podiumsdiskussion interessiert sind, können sich per Mail an die Propstei Braunschweig wenden, braunschweig.pr@lk-bs.de, ein Infotag ist am 23. Oktober von 16.30 bis 18.30 Uhr im Studienseminar geplant.

Oliver Lempa, Dimitri Tukuser, Atakan Koctürk und Klaus Burckhardt gehören zu der Initiative, die Hintergrundinformationen über den Nahostkonflikt erarbeitet hat. Foto: Rosemarie Garbe

Beitrag von Rosemarie Garbe, freiberufliche Journalistin