Es gibt Menschen, die beeindrucken mich. Herr Erdmann gehört dazu. Als Förster trat er vor über hundert Jahren eine Stelle in der Bremer Heide an. Die Kiefernwälder, vor denen er stand, waren ein schlimmer Anblick. Der Waldboden war ausgedorrt. Umgekippte Baumstämme, wohin das Auge blickte. Jagen konnte man hier schon lange nichts mehr. Was tun? Alles abholzen?
Herr Erdmann fängt klein an und beginnt optimistisch, zwischen die Kiefern Baumsamen zu säen. Fichten, Weißtannen und Buchen. Er lässt sich nicht beirren und erfindet den modernen Mischwald. Und die Wälder erholen sich.
Herr Erdmann setzt auf Vielfalt. Er weiß: Wenn alle dasselbe wollen, wird es eintönig und karg. In Krisenzeiten fehlt es dann an Stabilität. Vielfalt hingegen macht widerstandsfähiger. Sie bringt kreative Ideen mit sich und bietet für unterschiedliche Geschöpfe eine gute Lebensgrundlage. Vielfalt bedeutet Leben.
Alles, was Herr Erdmann tut, ist darauf angelegt, nachhaltig zu sein. Er sät und pflanzt jahrelang für die Generationen nach ihm. Wie ist das bei mir? Wie viel tue ich, wenn ich weiß, das Ergebnis werde ich nicht erleben? Wenn es mir weder Vorteile noch Anerkennung bringt? Herr Erdmann würde vielleicht sagen: „Raus aus der Komfortzone, meine Liebe, nimm dich nicht so wichtig. Denke nicht nur bis zum Ende der Amtszeit. Du bist doch christlich, wie ich. Heißt das nicht, die Schöpfung bewahren?“
Heute sind die Erdmannwälder gesund und ein großes Biotop. Dürre und Stürme machen ihnen wenig aus. Und das Erdmann’sche Konzept ist eine Leitlinie für sämtliche niedersächsische Förstereien.
Begraben ist Herr Erdmann natürlich im Wald. Sein Erbe ist beeindruckend und zeigt: Unser Tun bleibt nicht ohne Wirkung. Jede Entscheidung für Nachhaltigkeit, jede Investition in andere Menschen ist ein Samenkorn. Der Einsatz für das Gute wird Früchte bringen – wenn nicht heute, dann morgen.