Er war Gemeindepfarrer in St. Martini und St. Johannes in Hondelage, Dompfarrer und Leitender Pfarrer der Braunschweiger Telefonseelsorge: Jetzt geht Christian Kohn in den Ruhestand. Am Sonntag, 31. August, um 15 Uhr wird der Theologe von Propst Lars Dedekind und Oberlandeskirchenrat Thomas Hofer feierlich in St. Martini verabschiedet. „Damit schließt sich für mich ein Kreis“, sagt Christian Kohn. Denn in der Martinikirche wurde er 1991 nach einem Theologiestudium in Göttingen und dem Vikariat in Seesen in den kirchlichen Dienst eingeführt.
Dass er nach dem Vikariat sofort eine Stelle bekam, war Anfang der 1990-er Jahre nicht selbstverständlich. Die Babyboomer drängten auf den Arbeitsmarkt und es gab eine regelrechte Pfarrerschwemme. Kohn hatte Glück, es gab einen nahtlosen Übergang. Die erste Zeit war aufregend für den jungen Theologen: erstmal Boden unter den Füßen bekommen, die Stadt kennenlernen, Kontakte aufbauen, Erfahrungen sammeln, „das war eine Herausforderung und ich habe viel gelernt.“
Nach vier Jahren neuer Start in Hondelage. In einem überschaubaren Bezirk am Stadtrand mit vielen Vereinen und einer engen Verbundenheit der Menschen wurde es dem Pfarrer leicht gemacht, ein Netzwerk aufzubauen. Hier konnte er gestalten und kreativ sein. „Ich wollte immer mehr als traditionelle kirchliche Aufgaben“, sagt Kohn rückblickend, „mein Ziel war es, Ideen zu entwickeln und Leute zu inspirieren, Kirche wollte ich als Inspirationsquelle wahrgenommen wissen.“
Mit der darauffolgenden Tätigkeit am Dom warteten neue Herausforderungen auf den Pfarrer. Schließlich wird der Dom besonders wahrgenommen, die Erwartungen sind hoch, die Aufgaben höchst unterschiedlich. Mal sollte Kohn einen Urologen-Kongress eröffnen, mal musste eine große Nachfrage nach Dom-Führungen befriedigt werden. Auch Gottesdienste und Andachten konnten überraschend verlaufen: „Man weiß ja nie, wer in den Dom kommt.“ Bei Besuchen in anderen europäischen Städten wie Riga, Basel, Blackburn oder Naumburg erfuhr Kohn, wie große Kathedralen mit Leben erfüllt werden können. „Das war hochspannend.“
Da er eine pastoralpsychologische Ausbildung absolviert hatte, entschied er sich für eine weitere Zäsur: den Wechsel zum Leitenden Pfarrer der Telefonseelsorge. „Von der Bühne zum Geheimdienst“, so Kohn augenzwinkernd. Denn die knapp 100 Ehrenamtlichen, die hier tätig sind, arbeiten streng vertraulich, die Anonymität muss gewahrt bleiben. Thema Nummer eins bei denen, die sich per Telefon, Chat oder Mail bei den Ehrenamtlichen melden, ist die Einsamkeit. „Das, was uns zusammenhält, zerbröselt immer mehr“, bedauert Kohn. Seiner Einschätzung nach sehnen sich viele nach guter Seelsorge. Auch die, die anderen helfen. Daher warten auch nach dem Eintritt in den Ruhestand neue Aufgaben auf den Pfarrer: Christian Kohn will weiter seelsorgerisch tätig sein.