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08.04.2023 Kategorie: Propstei, Wort zum Sonntag

Wort zum Sonntag, 08.04.2023

Ostern – mehr als bunte Eier

Zu Ostern gehören bunte Eier, gar keine Frage! Am liebsten gut versteckt und dann gesucht, gefunden und von fröhlichen Kindern in ihre Körbe gesammelt oder gleich mit klebrigen Fingern und verschmierten Mündern verzehrt. Doch warum wir eigentlich Ostern feiern, das ist vielen gar nicht mehr so klar. Und die, die es wissen, tun sich oft schwer mit der Osterbotschaft. Dass Jesus Christus auferstanden ist von den Toten, das ist eine Glaubensbotschaft, ein Bekenntnis. Aber hat diese Botschaft etwas mit mir und meinem Leben heute zu tun? Hat Ostern Relevanz?

Vor kurzem habe ich mich mit einigen jungen Menschen über Fragen der Identität und Gerechtigkeit ausgetauscht. In der Diskussion fiel auch der aus dem afroamerikanischen Englisch stammende Begriff „woke“, der für Wachsamkeit und Aufmerksamkeit gegenüber mangelnder sozialer Gerechtigkeit und Rassismus verwendet wird.

„Bist du woke?“, wurde gefragt. Bin ich wach, bin ich wachsam gegenüber Ungerechtigkeiten, Rassismus und Diskriminierung?

Natürlich möchte ich „woke“ sein. Gleichzeitig liegt manche Unrechtserfahrung für mich als älteren, privilegierten, weißen Mann, aber gar nicht in meinem Erfahrungshorizont. Was also kann ich über Diskriminierung und Rassismus sagen?

Schließlich fragte jemand: „Was glaubst du, war Jesus woke?“ Meine spontane Antwort: „Jesus war nicht nur woke, sondern awoken“, also auferweckt. So steht es in der Bibel: „Gott hat ihn (Jesus) auferweckt von den Toten.“

Auferweckt von den Toten, das hört sich sehr nach Kirchendogma an und fern von dem, was junge Menschen heute umtreiben mag. Gleichzeitig ist es aber vielleicht gerade gut, sich an Ostern nochmal an den zu erinnern, der „woke“ und „awoken“ war.

Jesus war „woke“. Er gehörte einem kleinen Volk an, dessen Land von einer starken militärischen Macht eingenommen war. Er war Jude. Er war Flüchtling. In seinem Wirken setze er sich insbesondere für die ein, die sozial ausgegrenzt waren, und in seinen Reden für Gerechtigkeit, Barmherzigkeit und Liebe. Er wurde angefeindet und schließlich getötet. Und doch war das weder das Ende seiner Botschaft, noch sein eigenes.

„Gott aber hat den Herrn auferweckt und wird auch uns auferwecken durch seine Kraft“, schreibt der Apostel Paulus der jungen Christengemeinde in Korinth. Und aus diesem Glauben an die Auferweckung Christi wuchs die Kraft, die bis heute Menschen wach werden lässt gegenüber Ungerechtigkeiten und eintreten lässt für die Gleichheit aller Menschen unabhängig ihrer Herkunft, ihres Geschlechtes, ihrer Kultur, Identität oder Geschichte. Gleichzeitig erleben wir: aus eigener Kraft bekommen wir sie nur stückhaft hin, die bessere, die gerechtere Welt. Die Vollkommenheit bleibt uns vorbehalten bis auch wir den Schritt von „woke“ zu „awoken“ vollzogen haben werden.

Von „woke“ zu „awoken“, was für eine Perspektive! Was für ein Versprechen! – Ja, Ostern ist deutlich mehr als bunte Eier und ein verschmierter Schokoladenmund.

Bild von Jeff Jacobs auf Pixabay