Gabriel ist Jude und israelischer Bürger. Nach Beginn des Gaza-Krieges hat er seine Arbeit verloren. Gabriel war Reiseführer im Heiligen Land. Aber wer will und kann dort jetzt noch reisen? Nach einiger Zeit des Herumsitzens haben Gabriel und ein paar andere eine Idee. Sie gründen eine kleine Hilfsorganisation; ihr Name: „Road of Recovery“, „Straße zur Heilung“.
Das beschreibe ganz gut, was sie tun, sagt Gabriel: Sie sind viel auf der Straße unterwegs, bringen Kranke, vor allem Palästinenser, in israelische Krankenhäuser, damit sie dort untersucht und behandelt werden können.
Am Anfang sei das nicht einfach gewesen. Zu gefährlich, sagten die einen, es ist doch Krieg! Absolut verkehrt, sagten andere: Warum helft ihr unseren Feinden? Aber alle Einwände waren vergeblich. „Es sind doch Menschen wie wir“, sagt Gabriel zum Reporter, der ihn im Auto begleitet: „Man muss Leben geben und nicht aufrechnen.“ Im Auto sitzen auch ein palästinensischer Vater und sein Sohn. Sie wirken ängstlich auf dem Rücksitz. Gabriel aber scheint guten Mutes. Er lächelt in die Kamera, beantwortet Fragen. Dann erreichen sie das Krankenhaus. Als Vater und Sohn aussteigen, schauen sie Gabriel stumm an. In diesem Augenblick trennt sie nichts. Keine Sprache, keine Herkunft, keine Religion. Gabriel hilft zwei Menschen in der Not und erhält dafür einen scheuen Dank. Ohne Worte. Einfach so. Oder anders - weil es so einfach ist: Weil man Leben geben muss und nicht aufrechnen soll! Damit der Hass nicht das letzte Wort behält. Damit die Gewalt nicht weiter eskaliert. Damit Menschen in Not ihre Würde behalten.
Gabriel will sich seine Menschlichkeit nicht nehmen lassen. So wirkt er in der kurzen Reportage: wie ein Mensch, der andere als Menschen sieht. Das ist viel in Zeiten des Kriegs. Es hat angesichts der jüngsten, erschreckenden Nachrichten aus Nahost noch einmal größeres Gewicht. Einander nicht verachten, das ist viel. In einem anderen Menschen nicht den Feind, sondern immer den Menschen sehen - und was dieser Mensch gerade nötig hat. Das rettet nicht die ganze Welt. Nein, sicher nicht! Aber es rettet einen Menschen, der trotz aller Umstände Würde erfährt und heil werden soll.