„Irren ist menschlich“ (Seneca) Wir alle machen Fehler. Und wenn uns etwas misslingt, hoffen wir, dass der oder die andere darüber hinwegsehen kann. Wir bitten um Vergebung. Aber sind wir selbst auch bereit zu vergeben? Im Vaterunser ist die Bitte um Vergebung ganz eng mit der eigenen Haltung anderen gegenüber verbunden: „Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.“ Hier wird spürbar: Vergebung ist keine Einbahnstraße. Sie kommt von Gott zu uns und soll durch uns aber auch weiterfließen. Doch wie schwer fällt das manchmal! „Vergeben und vergessen“, ist schnell gesagt. Aber die Wunde sitzt oft tiefer. Wahre Vergebung heißt nicht, Schmerz zu überdecken, sondern ihn vor Gott hinzulegen und den anderen wieder als Menschen zu sehen.
Der Buß- und Bettag lädt uns ein, ehrlich zu werden – mit uns selbst und miteinander. Buße ist kein Sich-Kleinmachen, sondern ein Sich-Neu-Ausrichten. Ein Innehalten, ein Atemholen: Wo trage ich Bitterkeit? Wo habe ich zu hart geredet, zu schnell geurteilt? Wo kann ich Frieden säen, statt Misstrauen zu verstärken?
In einer Zeit, in der Streitlust und scharfe Worte unser Miteinander prägen, ruft uns dieser Tag dazu auf, ehrliche Eingeständnisse zu wagen und versöhnende Worte zu suchen. Gott verspricht: Wer sich ihm anvertraut, darf neu beginnen. Seine Vergebung ist keine billige Gnade – sie ist eine Kraft, die Herzen verändert, Beziehungen heilt und Zukunft ermöglicht. Der englische Dichter Alexander Pope schreibt: „Irren ist menschlich, vergeben göttlich.“ Ja, Vergebung ist schwer, und sie geschieht nicht immer von heute auf morgen. Doch wer sich auf den Weg der Vergebung macht, öffnet eine Tür: für sich selbst, für den anderen – und für eine neue Zukunft.
