Eine menschenwürdige Bestattung für jeden
Würdevoller Abschied: Gottesdienst der Unbedachten in der St. Petrikirche
„Wer liest die Fürbitten?“, Elisabeth Reiß schaut aufmunternd in die Runde von zehn Frauen und Männern, die sich in den Räumen der Hospizarbeit versammelt haben. „Und wer zündet die Kerzen an?“ Die Gruppe bereitet unter Leitung von Elisabeth Reiß den Gottesdienst der Unbedachten vor, einen Gottesdienst für diejenigen, die im vergangenen Jahr ohne Verwandte, Freunde, Nachbarn oder Kollegen beerdigt wurden. Das waren allein in Braunschweig 125 Menschen, mehr Frauen als Männer und erschreckend viele Jüngere.
Damit diese würdevoll bestattet werden, sind bei den Beerdigungen stets zwei Mitglieder der Begleitgruppe Bestattungen dabei. „Stellvertretend für die Bürger Braunschweigs“, sagt Petra Scholz-Marxen, Geschäftsführerin des Vereins Hospizarbeit. Sie sprechen Abschiedsworte, einen Segen, einen Friedensspruch oder das Vaterunser und manche legen eine Rose aufs Grab. „Auf jeden Fall soll es ein würdevoller Abschied sein“, sagt Peter Waldhaus, ein Mitglied der Gruppe. Es soll möglichst keiner unbegleitet aus der Stadt verabschiedet werden.
Der Gottesdienst der Unbedachten, der seit 2008 einmal jährlich gefeiert wird, hat in Braunschweig mittlerweile Tradition. Die Pröpste verlesen die Namen der Verstorbenen, Mitglieder des Hospizvereins Braunschweig sprechen Fürbitten, entzünden für jeden eine Kerze und die Gemeinde singt das Kirchenlied „Ich stehe vor dir mit leeren Händen, Herr“. Die Predigt bei dem ökumenischen Gottesdienst, der gemeinsam mit Propst Reinhard Heine gestaltet wird, hält in diesem Jahr Propst Lars Dedekind, Marit Helbig spielt Violine und Daisy Grün die Orgel.
Stellvertretend für die Verstorbenen stellen Mitglieder der Gruppe in anonymisierter Form die Biographien von drei Frauen und Männern etwas näher vor. Sie stellen Fragen zu deren Leben, zu den Berufen, zu der Familie. Und sie fragen, wie es dazu kommt, dass niemand von ihnen Abschied nimmt. „Durch diese Darstellung werden die Schicksale etwas greifbarer“, sagt Petra Scholz-Marxen. Eins ist dabei jedoch wichtig: Die Verstorbenen bleiben anonym und jeder versucht, sich ohne Vorbehalte zu verabschieden.
„Uns steht nicht zu, ein Urteil über diejenigen zu fällen, die nicht so leben wie wir“, sagt Elisabeth Reiß. Sie erinnert sich noch gut an den ersten Gottesdienst für Unbedachte vor 14 Jahren, als mehr als 200 Namen verlesen wurden: „Das war sehr bewegend und die Atmosphäre fast beängstigend.“ Seitdem ist sie Mitglied der Begleitgruppe Bestattungen, Irene Fitzke ist dagegen noch ziemlich neu. Sie setzt mit ihrem ehrenamtlichen Einsatz die Arbeit ihres verstorbenen Mannes fort, der als Pfarrer viele Menschen ohne Angehörige bestattet hat und betont: „Es ist traurig, dass es Menschen gibt, die allein sterben und allein beerdigt werden.“
Der ökumenische Gottesdienst für die Unbedachten wird am Sonntag, 13. November, um 17 Uhr in der St. Petrikirche, Lange Straße 33, gefeiert. Die Predigt hält Propst Lars Dedekind.